Wozu einen frequenzabhängigen Strompreis?
Die Verteilung von Energie in Form von 100% erneuerbarem Strom birgt einige Herausforderungen, technische wie administrative.
So wird Strom in Zukunft nachts oder bei Windflauten wesentlich teurer sein müssen als im Sommer tagsüber, weil das den realen und physikalischen Gegebenheiten entspricht: Im Sommer wird das Angebot den Bedarf bei weitem übersteigen, der "Überschuß" muß organisiert werden ohne ihn zu verschwenden - im Winter ist es umgekehrt: Große Strommengen müssen vom Tag zur Nacht und vom Sommer zum Winter gespeichert werden.
Dabei ist es extrem wichtig, daß die richtigen Anreize gesetzt werden um Fehlinvestitionen zu vermeiden. Wenn es so weitergeht wie bisher kaufen sich private E-Auto-Besitzer eine "Wallbox" um ihr Auto daheim und über Nacht langsam zu laden. In diesem Moment kann jedoch das Netz nur gespeicherten Strom bereithalten, der natürlich teurer oder sogar wesentlich teurer sein muß als dieselbe Strommenge, wenn sie bei Windüberschuß oder Sonnenschein getankt würde. Volkswirtschaftlich muß die doppelte Menge Speicher aufgewendet werden als eigentlich nötig. Dies wird uns Wettbewerbsnachteile gegenüber klügeren Ländern und einen noch weiter verzögerten Ausbau der Erneuerbaren-Infrastruktur bescheren, unnötige und langwierige Investitionen in Kupfernetze usw.
Man könnte zudem die E-Auto nicht nur bevorzugt tagsüber laden (beim Arbeitgeber, beim Einkaufen?) sondern nachts Teile der E-Autobatterie als Speicher für das öffentliche Stromnetz bereitstellen: Wenn man weiß daß man morgen und übermorgen nur kurze Strecken fahren wird kann man mit einem Teil seines Autospeichers das Netz stützen und Speicherkosten vermeiden.
Genauso müßten Potentiale der zeitlichen Verlagerung des Strombezugs gehoben werden: In vielen Fällen erspart es massive Speicher, z.B. Metallverhüttung, aber auch den Betrieb von Wärmepumpen in die Stunden des Strom-Überschusses zu verlegen: Die Masse eines Hauses allein kann für ein paar Stunden Wärme speichern und "in die Nacht verlagern".
Wie das konkret und ohne wesentliche technische Eingriffe, schnell, fair und unbestechlich zu lösen sein würde, beschreibt diese Webseite.
Kurzfassung für Techniker:innen
- Zeitvariable Strompreise für Entnahme und Einspeisung ins öffentliche Stromnetz werden bereits diskutiert: Es wird absehbar daß "überschüssiger" Solarstrom zur Mittagszeit nicht mit demselben Preis vergütet oder erzeugt werden kann als Nachtstrom bei Minusgraden im Winter.
- Diskrete (= stufenartige) Preisänderungen können nicht die Lösung sein da infolge eines jeden Preissprungs erhebliche Leistungen zu- und abgeschaltet werden. Die bereitzuhaltene Regelleistung (u.U. im 10 GW-Bereich) wäre unbezahlbar und womöglich auch mangels Leitungen nicht zu stemmen. Bereits heute sorgt der Stromhandel im 15 und 60-Minutenbereich zu erheblichen Frequezstörungen und sorgt für eine gewisse Grundfragilität.
- Eine Regelbürokratie die tief in die einzelnen Erzeuger und Verbraucher autoritativ und zentralistisch hineinregieren würde, würde zu Korruption und Manipulation einladen und wäre sehr verletzlich (Ausfälle), abgesehen von den enormen Kosten, der Komplexität und Intransparenz der Abrechnung und dem gesetzlichen Aufwand.
- In verschiedenen Regionen kann Strom zu verschiedenen Zeiten unreschiediche Erzeugungskosten haben, schon da Energiequellen mit verschiedenen Eigenschaften zur Verfügung stehen. So wäre es für einen Metallverhüttungsbetrieb sinnvoll an die Küste zu ziehen wo Windstrom im Überschuß verfügbar ist. Stattdessen subventionieren wir im heutigem System für einen Betrieb eiens Aluminiumwerks im Süden teure Nord-Süd-Verbindungen. Die Kosten werden fälschlich auf alle umgelegt.
- Starre Regulierung läuft - ganz wie heute schon - den Marktentwicklungen weit hinterher.
- Fossile Energieträger könnten erneut versuchen den Sieg der Erneuerbaren zu verhindern indem sie darauf hinweisen daß für diese Regelleistung "große zentrale Kraftwerke" vorgehalten werden müßten.
- Ich schlage daher die schrittweise Einführung eines frequenzabhängigen Strompreises für Lieferung und Bezug vor, völlig unabhängig von der Stromquelle. CO2 und Atomkraft sollten jedoch entsprechend ihrer externen Kosten mit einer Abgabe versehen werden.
- Mir ist bewußt daß die Netzfrequenz von 50 Hz im Moment europaweit geregelt wird. Fängt man "klein an" ist es jedoch auch heute bereits sinnvoll, bei Niedrigfrequenz mit dem Einspeisen von Strom zu beginnen und bei Überfrequenz das Laden von Batterien zu steuern, noch bevor erneuerbare Energie abgeregelt werden muß.
- Jeder Marktteilnehmer kann den Strompreis selbst z.B. minutenweise anhang der momentanen Frequenz und einer von der Regulierungsbehörde in der Nacht zuvor mitgeteilten Strompreisgeraden selbst ermitteln.
- Vorhandene Stromzähler mit moderner Meßeinrichtung mME könnten sehr billig durch einen elektronischen Datenlogger ergänzt werden, der lediglich eine gute Zeitquelle (DCF77) benötigt. Kryptografische Verfahren stellen sicher daß das Protkoll nicht manipuliert werden kann.
- Die Illusion der Kupferplatte (im Norden gilt derselbe Strom-Börsenpreis wie im Süden) sorgt jetzt schon dafür daß große Energiemengen auf weite Wege gezwungen werden. Dadurch werden teure, lange Leitungen Nord-Süd erforderlich die in einem dezentrateren System - zumal mit regionalen Strompreisen - unnötig wären. Ost-West-Leitungen die Europa besser verbinden um Solar- und Windstrom europaweit in den Zeitzonen (Lauf der Sonne) besser auszugleichen wären dagegen sinnvoller.
- Heute bildet sich angesichts der realitätsfernen Preisbildung kein freier Markt heraus, der ideal in der Lage wäre eine möglichst effiziente und kostenoptimierte Speicherung aufzubauen und zu bezahlen: Elektroautobesitzer laden ihr Auto meist abends am eigenen Haus, wo der trom nur aus Speichern kommen kann die fast so groß sind wie die Speicher der Autos selbst. Selnbst wenn Lithium im Überschuß verfügbar wäre, haben wir nicht die zeit ein doppeltes oder mehrfaches Speichersystem aufzubauen.
- Es kann je nach Anwendung wesentlich billiger sein, Produktion zeitlich oder räumlich zu verlagern anstatt für jede Kilowattstunde einen Speicher vorzuhalten.
- Durch die Einführung der Frequenz als zentrale Regelgröße würde automatisch ein extrem störungsstabiles Netz geknüpft werden. Die regelleistung würde allein durch die Netzteilnehemr gewährleistet.
- Es wäre schrittweise möglich, die Netze dezentraler und in eigenen Frequenzdomänen zu organisieren.
- Durch die dadurch gewonnene Effzienz würde ein Wettberwebsvorteil gehoben.
- In naher Zukunft werden sich die Kosten von Wind- und Solarstrom bei der Erzeugung nur wenig verändern. Umsomehr erwarten wir im Speichermarkt weitere Technologien die zum Teil auch gegeneinander antreten werden. Dafür muß ein faires Marktumfeld geschaffen werden. Außerdem hat die saisonale Speicherrung ganz andere Bedingungen und Preise als die tägliche. Diese Preise und die Preise von Lastverlagerungen müssen erst in einem Markt gefunden werden.
Impressum
Andreas Delleske, Dellekom
Kontaktdaten siehe Seitenfuß, Gerichtsstand: Freiburg im Breisgau